Leben auf dem Erdzwilling Proxima b?

NASA-Forscher haben sich mit der Frage beschäftigt, ob auf dem relativ erdnahen Exoplaneten Proxima b Leben möglich ist. Die Ergebnisse ihrer Simulationen haben allerdings eine große Bandbreite.

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Ende August wurde bekannt, dass die Erde einen Zwilling hat – in nur 4,24 Lichtjahren Entfernung von uns umkreist er Proxima Centauri, einen roten Zwergstern und nächsten Nachbarn unserer Sonne. Weil Proxima Centauri deutlich weniger Hitze abstrahlt als unsere Sonne, befindet sich Proxima b innerhalb der so genannten habitablen Zone, in der auf der Oberfläche Wasser in flüssiger Form vorhanden sein könnte. Dies führte zu intensiven Spekulationen darüber, wie die Oberfläche des Planeten aussehen könnte und mit welcher Wahrscheinlichkeit dort Leben zu finden ist.

Um solche Fragen zu klären, verfügt die NASA über ein Modellierungswerkzeug namens VPlanet, das die Bedingungen auf Exoplaneten simuliert. Auf der Grundlage von Informationen über die Planeten selbst, ihren Mutterstern und den Prozess der planetarischen Entwicklung lassen sich Prognosen darüber erstellen, ob der jeweilige Planet bewohnbar ist oder nicht. In einem neuen Fachbeitrag berichten Rory Barnes und Kollegen vom Astrobiology Institute der NASA über die Ergebnisse der Modellierung zu Proxima b.

Das Werkzeug unterteilt das Problem, ob ein Exoplanet bewohnbar ist, in neun Teilaufgaben, die jeweils einen Teilaspekt der planetarischen Entwicklung untersuchen. Einer davon ist zum Beispiel die Entwicklung der Leuchtkraft des Muttersterns, die Einfluss auf das unmittelbare Umfeld des Planeten hat.

Die Ergebnisse der Forscher sind interessant. Eine Methode für Prognosen in Bezug auf komplexe Fragen besteht darin, eine Simulation viele Male laufen zu lassen und zu prüfen, ob zumeist etwas Ähnliches dabei herauskommt. Mit Hilfe dieser Technik modellierte VPlanet die Wirkung von vorbeifliegenden Sternen auf die Umlaufbahn von Proxima b, wobei nach dem Zufallsprinzip 10.000 verschiedene denkbare Umlaufbahnparameter gewählt wurden. Die Simulation wurde jeweils beendet, wenn die Umlaufbahn von Proxima b instabil wurde.

Dies war bei ungefähr 15 Prozent der Durchläufe der Fall, was wichtig ist, denn solche Instabilitäten hätten enorme Auswirkungen auf die Bewohnbarkeit des Planeten.

Ein weiteres Ergebnis: Wenn Proxima b in seiner derzeitigen Entfernung von seinem Stern entstanden ist, muss er "gebunden rotieren". Das bedeutet, dass er dem Stern immer dieselbe Seite zuwendet, so wie bei Mond und Erde. Dadurch wäre eine Seite des Planeten kochend heiß, die andere aber eiskalt. Leben wäre dort dann nicht möglich.

Allerdings gibt es dabei eine Einschränkung. Wenn die Atmosphäre des Planeten dick genug ist, um Wärme effektiv um ihn herum zu verteilen, wären die Temperaturen deutlich weniger extrem, so dass Proxima b trotzdem bewohnbar sein könnte. Und natürlich könnte der Planet auch erst nach der Entstehung seinen aktuellen Ort erreicht haben, so dass er nicht gebunden rotieren würde.

Eine weitere wichtige Frage ist die Beschaffenheit seiner Atmosphäre. Auch hier simulierte VPlanet mehrere mögliche Szenarien, ausgehend von der Annahme, dass Proxima b zu Beginn seiner Existenz über reichlich Wasser verfügte, mehrere Male so viel wie auf der Erde. Unter diesen Bedingungen sagt VPlanet voraus, dass sich ein Großteil dieses Wassers aufgespalten hat und der entstehende Wasserstoff ins All verschwunden ist. "Wenn Proxima b mit weniger als dem zehnfachen Wassergehalt der Erde entstand und/oder einen dauerhaften konvektiven, reduzierenden Magma-Ozean hatte, ist er heute wahrscheinlich ausgetrocknet", schreiben die NASA-Forscher.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Proxima b könnte eine Hülle aus Wasserstoff haben, der ins All gelangt, aber Wasser auf der Oberfläche erhält. In diesem Fall wäre der Planet heute bewohnbar. Allerdings nennen Barnes und Kollegen keine Wahrscheinlichkeit dafür.

Kurz gesagt, sprechen die Ergebnisse der Modellierung dafür, dass auf Proxima b heute eine große Bandbreite an Bedingungen herrschen könnte, von denen einige Leben ermöglichen und andere nicht. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass Proxima b der Venus ähneln könnte – trocken, heiß und lebensfeindlich. Er könnte aber auch eher wie Neptun sein, also umgeben von einer Hülle aus Wasserstoff, die ihn zu heiß macht für Leben.

Alternativ sagt VPlanet voraus, dass Proxima b so sauerstoffreich sein könnte, dass dort kein Leben entstehen konnte. Denn das Element ist hochreaktiv und ein starkes Oxidationsmittel.

Die spannendste Möglichkeit aber lautet: Proxima b ist erdähnlich und zeichnet sich durch flüssiges Wasser sowie eine Atmosphäre aus, die günstig für die Entstehung von Leben ist. In diesem Fall würde er laut Barnes und Kollegen aussehen wie ein blass violetter Punkt, wenn wir ihn irgendwann direkt beobachten können.

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